Fachartikel Lauri Reuter Doktor Wir sind, was wir essen, aber was essen wir? Ein Fachartikel zur Zukunft der Lebensmittel, T. 1 Ein Gastbeitrag von Dr. Lauri Reuter Als Menschen trübt unsere starke Bindung und romantische Beziehung zum Essen oft unser Urteilsvermögen, wenn es darum geht, was wir essen, woher es stammt und welche Auswirkungen es auf unsere Gesundheit und unseren Planeten hat. Mehr und bessere Daten sind entscheidend, um unsere Gewohnheiten hinsichtlich der Produktion und des Konsums von Lebensmitteln aufzudecken. Außerdem erhalten wir so die notwendigen Hilfsmittel, um Ernährungssysteme zu verändern und die Herausforderungen im Zusammenhang mit Nahrungsmitteln anzugehen, vor denen wir stehen. Wir müssen die Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren, grundlegend ändern. Wir müssen auch erkennen, dass der Klimawandel eine massive Bedrohung für unsere Nahrungsmittelsysteme darstellt. Eine erhöhte Anpassungsfähigkeit ist daher unbedingt notwendig. Mehr und bessere Daten sind entscheidend, um diese Herausforderungen anzugehen und die Effizienz der Lebensmittelherstellung und -verarbeitung zu steigern. Technisch einfach – datenintensiv In den letzten Jahrzehnten haben wir in praktisch allen Bereichen unseres Lebens umfassende technologische Fortschritte erlebt. Die primäre Nahrungsmittelproduktion ist aber immer noch ein relativ technisch einfacher Bereich, der stark von Regeln bestimmt wird – im Gegensatz zu präzisen, systematischen Prozessen, Sensoren und Messungen, die in der industrialisierten Lebensmittelverarbeitung eingesetzt werden. Bei der Entscheidung, was, wie viel und wann wir essen, sind wir immer noch abhängig von unserem buchstäblichen Bauchgefühl. Wir sollten nicht nur hungrig nach Nahrung selbst sein, sondern auch nach Daten, die sich auf diese Nahrung beziehen, da viele von uns derzeit schlechte Entscheidungen darüber treffen, was sie essen. Irrglaube hinterfragen Wir treffen auch oft schlechte Entscheidungen, wenn es darum geht, woher unsere Lebensmittel stammen. Es ist verständlich zu glauben, dass der Kauf lokal produzierter Nahrungsmittel besser für die Umwelt ist, aber das muss nicht unbedingt der Fall sein. Transport und Verpackung spielen eine kleine Rolle im CO2-Fußabdruck eines Lebensmittels im Vergleich zu der Energie und anderen Ressourcen, wie Wasser, die für die eigentliche Herstellung benötigt werden. Daher ist es wichtiger, was man isst, als woher es stammt. Die Menschen finden, dass nachhaltig produzierte lokale Nahrungsmittel schön und gesund sind (und das sind sie!) und dass industriell hergestellte Lebensmittel schlechter sind. Sie finden auch, dass Molkereien und Bäckereien „schöner“ oder „besser“ sind als Fabriken, obwohl in Wirklichkeit sowohl Brot als auch Käse stark verarbeitet werden. Etiketten als Boten von Daten Auf den heutigen Lebensmitteletiketten notwendige Informationen über z. B. Fettgehalt oder Allergien zu finden, kann mühsam sein. Eine einfache Gestaltung ist erforderlich, insbesondere wenn wir die Auswirkungen der Nahrungsmittelproduktion vom Erzeuger bis zum Verbraucher besser quantifizieren und kommunizieren möchten. Ich kann mir eine Zukunft vorstellen, in der jedes Lebensmittel zum Kauf mit einer einfachen Nummer gekennzeichnet ist, die seinen CO2-Fußabdruck angibt, wie die Energieverbrauchsbewertung von A bis F für Haushaltsgeräte. Die klare Kommunikation dieser Art von Daten ist ausschlaggebend, wenn wir wissen wollen, wie wir unsere Gewohnheiten ändern können. Aber wir sind noch nicht so weit. Die Berechnung einer solchen Zahl ist immer noch sehr kompliziert, und die Standards sind nicht vorhanden. Die zunehmende Beliebtheit, Lebensmittel digital zu kaufen, bietet neue Möglichkeiten: Wir könnten einen monatlichen Bericht über den CO2-Fußabdruck der Einkäufe der letzten vier Wochen mit Zahlen zu den Umweltauswirkungen erhalten. Und nicht nur über Kohlenstoff, sondern auch über Wasserverbrauch, Flächennutzung und Auswirkungen auf die Biodiversität. Dies erfordert Messungen in der gesamten Lieferkette, und die Daten müssen sich in beide Richtungen bewegen, von der Produktion über die Verarbeitung bis zum Verbrauch und zurück. Messungen, Berechnungen und Bewertungen Die Berechnung der tatsächlichen Klimaauswirkungen der Nahrungsmittel, die wir produzieren und konsumieren, ist eine unglaublich komplexe Aufgabe. Wir können beispielsweise genau messen und berechnen, wie viel Energie oder Wasser verbraucht wurde, um ein Fertiggericht aus fertigen Zutaten herzustellen. Aber die Berechnung der gesamten Klimaauswirkungen des Anbaus all dieser Zutaten ist eine ganz andere Sache, bei der eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle spielen. Wie wurde die Energie erzeugt, welches Wasser wurde verbraucht, wie viele Kilometer wurde es transportiert, und auf welche Weise? Und vor allem, wie wurde der Acker bewirtschaftet, welche Art von Düngemitteln wurde verwendet, wurde ein Wald abgeholzt, um Platz für den Acker zu schaffen? Je mehr wir in der gesamten Lieferkette messen können, desto besser können wir bewerten, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Neue Hilfsmittel und Technologien können dazu beitragen, notwendige Daten zu erfassen, mit denen wir besser beurteilen können, was auf unseren Ackern, in Anlagen zur Nutztierhaltung und in Fischereibetrieben passiert. Beispielsweise enthält die sehr dünne Schicht des Humusbodens der Erde mehr Kohlenstoff als unsere Atmosphäre. Indem wir sie messen und überwachen, können wir diese Informationen nutzen, um landwirtschaftliche Praktiken zu fördern, die dazu beitragen, den Kohlenstoff dort zu halten, wo er ist, und noch mehr zu binden. – — Im nächsten Teil dieses Artikels gehe ich auf die Zukunft der Lebensmittel und die Rolle der Technologie ein, die uns auf der Suche nach neuen Möglichkeiten unterstützen muss, um unseren Appetit zu stillen und gleichzeitig den Planeten zu schützen. Lauri Reuter Doktor Dr. Lauri Reuter ist Experte für die Zukunft der Lebensmittel. Er kann Auskunft darüber geben, was wir in Zukunft essen werden und wie die Herstellung von Nahrungsmitteln erfolgen wird. Derzeit arbeitet er an Investitionen in mutige nordische Innovationen, die darauf abzielen, das globale Ernährungssystem zu verändern. Dr. Lauri Reuter hat in Biotechnologie promoviert. Er ist ehemaliger Senior Specialist of Disruptive Technologies am Technischen Forschungszentrum Finnland VTT sowie Absolvent des Global Solutions Program der Singularity University. Webcast: Die Zukunft der Lebensmittel, 31. Mai (auf Englisch) Wie werden unsere Lebensmittel produziert? Kann die Lebensmittelherstellung zur Linderung der Klimakrise beitragen? Werden vertikale und städtische Landwirtschaftsunternehmen unsere Landschaft verändern? Könnte Fleisch aus dem Tank die Ernährungskrisen der Vergangenheit angehören lassen? Was würden wir auf dem Mars essen? All dies und mehr wird in einer äußerst visionären Podiumsdiskussion behandelt. Dr. phil. Lauri Reuter, ein visionärer Biotechnologiewissenschaftler der Singularity University, und Jutta Hakkarainen sowie Maria Uusimaa, Direktorinnen des Geschäftsbereichs Flüssigkeits- bzw. industrielle Messungen, besprechen die Bewältigung der Herausforderungen auf Megatrendebene, denen nicht nur die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, sondern unser gesamter Planet ausgesetzt ist. FÜR WEBCAST REGISTRIEREN