Proaktive Bekämpfung von Superbugs: Innovation und Zusammenarbeit bei der Biodekontamination von verdampftem Wasserstoffperoxid

Tragbarer Wasserstoffperoxid-Dampferzeuger für die Biodekontamination
Janice Bennett-Livingston
Marketing Managerin
Finland
Published:
Industrielle Fertigung und Prozesse
Industrielle Messungen
Life-Science

Im Jahr 2014 schätzte ein vom Vereinigten Königreich in Auftrag gegebener unabhängiger Bericht, dass arzneimittelresistente Infektionen bis 2050 zu 10 Millionen Todesfällen führen und über 100 Billionen USD kosten könnten. (Siehe: „Antibiotikaresistenz: Bekämpfung einer Krise für die Gesundheit und den Wohlstand der Nationen.“) Arzneimittelresistente Infektionen oder sogenannte „Superbugs“ umfassen Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), Vancomycin-resistente Enterococcus (VRE), Clostridium difficile (C. difficile), Candia Auris und andere resistente Organismen. Als Antwort auf dieses aufkommende Problem wurde vom Generalsekretär der Vereinten Nationen 2016 die Interagency Coordination Group (IACG) zur Antibiotikaresistenz ins Leben gerufen. Die IACG erstellte ihren Bericht im April 2019 für die Vereinten Nationen unter dem Titel „No time to Wait: Securing the future from Drug-resistant Infections.

Innovation & Zusammenarbeit

Der Bericht enthält fünf Empfehlungen zur Bekämpfung der Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen (AMR), darunter: „Innovationen zur Sicherung der Zukunft“ und „Zusammenarbeit für effektivere Maßnahmen“. In Finnland findet Innovation zur Bekämpfung von arzneimittelresistenten Krankheitserregern durch Zusammenarbeit zwischen dem VTT Technical Research Center der Finland Ltd, Cleamix, einem Hersteller von tragbaren Wasserstoffperoxiddampferzeugern und Vaisala Oyj, Hersteller von industriellen Messsystemen und Sensoren statt.

Diese besondere Geschichte der Innovation beginnt damit, dass die finnische Luftwaffe nach einem Weg suchte, biologische Toxine und als Waffe benutzte Mikroorganismen zu zerstören. Das US-Militär hatte bereits viel Vorarbeit geleistet und das Ergebnis war, dass verdampftes Wasserstoffperoxid als Biodekontaminationsmittel wirksam sein kann. Das Problem aber war, dass die meisten im Handel erhältlichen H2O2-Dampferzeuger zu groß waren, um vor Ort eingesetzt zu werden. Das finnische Militär wandte sich daher an die wissenschaftliche Gemeinschaft, um einen Dampferzeuger zu finden, der tragbar, kostengünstig und in der Lage ist, ausreichend Wasserstoffperoxid zu erzeugen.

Der finnische Gerätehersteller Cleamix wurde gegründet, um das Problem anzugehen. Es wurde ein leichter Dampferzeuger entwickelt, der ausreichende Dampfmengen mit den erforderlichen Wasserstoffperoxidkonzentrationen erzeugen kann. Um jedoch sicherzustellen, dass der Dampf Mikroorganismen wirksam zerstört, musste Cleamix sein Gerät so konzipieren, dass die richtige Konzentration an H2O2-Dampf über einen bestimmten Zeitraum angegeben wird. Dies erforderte einen Sensor, der sowohl die Konzentration von Wasserstoffperoxiddampf als auch andere kritische Prozessparameter messen konnte, einschließlich der Temperatur und eines Feuchtewerts, der aus der Kombination von Wasser und Wasserstoffperoxiddampf abgeleitet wird: Relative Sättigung RS%.

 „Unabhängig davon, ob Sie ein Cockpit, einen Krankenwagen, einen Isolator oder einen Operationssaal dekontaminieren (bzw. jeden Bereich, der kontaminiert werden kann), benötigen Sie In-Line-Sensoren, die nicht nur Werte für den H2O2-Dampf, sondern auch für die relative Sättigung liefern, denn so erfahren Sie, wann bei der aktuellen Temperatur Kondensation auftritt. Die relative Sättigung gibt den Feuchtewert an, der sich aus der Kombination von Wasser und Wasserstoffperoxiddampf ergibt.“ – Panu Wilska, CEO von Cleamix

Ein privates Unternehmen, das für öffentliche Interessen einsteht

Panu Wilska kam 2016 mit mehr als 25 Jahren internationaler Erfahrung in den Bereichen Kernphysik und Management von High-Tech-Start-ups zu Cleamix. Er hat dem Unternehmen bisher als Berater, Vorstandsmitglied und Vorstandsvorsitzender gedient und ist jetzt CEO. Cleamix erfuhr, dass Vaisala einen Sensor für verdampftes Wasserstoffperoxid entwickelte und dass der Sensor mehrere Werte bereitstellen würde – ppm H2O2 und Temperatur, vor allem aber einen Wert für den Sättigungspunkt. Obwohl es technisch möglich ist, Werte für jeden Parameter zu berechnen – Temperatur, relative Feuchte und ppm H2O2 –, benötigen Sie dennoch für jeden Parameter einen Sensor.

Neue Technologien kombiniert

Vaisala entwickelte die PEROXCAP®-Technologie, und Cleamix war eines der Unternehmen, das die ersten Sonden der Serie getestet hat (HPP270). Die Sonden können mit Dampferzeugern verwendet werden, um die Bedingungen unter Dekontamination zu messen. Die Sonden können auch integriert werden, um den Dampfausstoß gemäß den Prozessanforderungen zu kontrollieren. Die Sonden der Vaisala HPP-Serie ermöglichen eine Prozesssteuerung in Echtzeit. Wenn der Cleamix-Dampferzeuger den Ausstoß an sich ändernde Umgebungsbedingungen während eines Prozesses anpassen muss, ist dies automatisch mithilfe der Sondendaten möglich.

Cleamix arbeitete auch mit dem Militär an nachfolgenden Tests zusammen. In einem militärischen Forschungszentrum wurden Tests mit verdampftem Wasserstoffperoxid als Biozid in verlassenen Militärgebäuden durchgeführt, um die erforderlichen Konzentrationen an verdampftem Wasserstoffperoxid zu ermitteln.  Cleamix entwickelte anfänglich zwei Modelle portabler Dampferzeuger. Das größere Modell wiegt nur 9,5 kg und kann Flächen von Räumen mit mehr als zehn Kubikmetern dekontaminieren. Für große Flächen können mehrere Dampferzeuger vernetzt werden, typischerweise mit einem Verdampfer pro 100 Kubikmeter. Das kleinere Modell wiegt 6 kg und ist ideal für Flächen von Räumen mit 1 bis 20 Kubikmetern, einschließlich Schränken und Gehäusen, Laborschränken und Fahrzeugen wie Krankenwagen und Flugzeugen. Unabhängige Tests mit den Cleamix-Geräten haben gezeigt, dass das Dampfwirkungsgradverhältnis (die Menge an wässrigem Wasserstoffperoxid, die verdampft) 90 % überschreitet.

Effiziente, effektive Biodekontamination

Der Cleamix-Dampferzeuger verbraucht etwa einen Liter flüssiges H2O2 für fünfeinhalb Stunden Dauerbetrieb mit voller Leistung. Mit einer Kombination aus Phasenwechselverfahren, beschleunigter Verdampfung unter und über Atmosphärendruck und validierter Wirksamkeit durch Dritte hat das Unternehmen bereits 26 Patente für seine einzigartige Technologie angemeldet.

Weitere Innovationen folgten. Zusammen mit ihrer Mobilität können die Cleamix-Dampferzeuger eine Kombination aus Flüssigkeiten verdampfen. Typische Anwendungen erfordern eine 50 % wässrige H2O2-Lösung. Bei Zugabe einer kleinen Menge Ammoniak kann der Dampf jedoch andere Krankheitserreger, einschließlich als Waffe benutztes Nervengas, zerstören. Die H2O2-Dampferzeuger von Cleamix wurden unabhängig voneinander von zwei verschiedenen Militärorganisationen getestet und es wurde festgestellt, dass die Geräte erfolgreich alle Nervenkampfstoffe, einschließlich VX und Sarin, neutralisieren. In diesem Jahr wurden die Cleamix-Geräte in Labors getestet, in denen eine gefährliche neue Superbakterie, Candida auris (C. auris), untersucht wird.

Dieser schnell neu auftretende Pilzerreger wurde erstmals 2009 in Japan entdeckt und kann aufgrund seiner Resistenz gegen alle drei Klassen von Antimykotika lebensbedrohliche Infektionen verursachen. Tests von Cleamix ergaben, dass Essigsäure die Dekontamination beschleunigt, C. auris jedoch auch allein mit hochkonzentriertem verdampftem Wasserstoffperoxid zerstört werden kann.

Neue Bedrohung trifft auf modernste Lösung

Im April 2019 veröffentlichte die New York Times einen Artikel über C. Auris mit dem Titel: „A Mysterious Infection, Spanning the Globe in a Climate of Secrecy“ (etwa: Eine mysteriöse Infektion, die den Globus auf geheimnisvolle Weise umspannt). Der Artikel beschreibt die jüngsten infektiösen Ausbrüche in Krankenhäusern und medizinischen Zentren in Spanien, Großbritannien und mehreren Bundesstaaten in den USA. Die Centers for Disease Control and Prevention haben C. auris in ihre Liste akuter Bedrohungen aufgenommen. Weltweit sind Ausbrüche von C. auris in Indien, Pakistan und Südafrika aufgetreten. Sowohl die Public Health Agency of Canada (PHAC) als auch das South African Centre for Opportunistic, Tropical and Hospital Infections (COTHI) haben vorläufige Empfehlungen zum Umgang mit C. auris veröffentlicht, in denen die Verwendung von Wasserstoffperoxiddampf nach Möglichkeit mit anderen Dekontaminationsmitteln und -verfahren vorgeschlagen wird. (Siehe: „Candida Auris: Disinfectants and Implications for Infection Control“ (Candida Auris: Desinfektionsmittel und Auswirkungen auf die Infektionskontrolle).

„C. Auris ist sehr resistent gegen viele Biozide, einschließlich verdampftem H2O2, kann jedoch durch H2O2-Dampf, der mit anderen Wirkstoffen gemischt ist, effektiv zerstört werden. Die andere verwendete Flüssigkeit muss säurehaltiger sein, wie Peressigsäure oder Essigsäure. Wir sind an weiteren Tests mit verschiedenen Labors beteiligt.“ Aus diesem Grund war es wichtig, dass das Verdampfungsverfahren von Cleamix-Geräten die Kombination von Flüssigkeiten ermöglichte.“

„Die Biodekontamination mit verdampftem Wasserstoffperoxid kann proaktiv und nicht reaktiv eingesetzt werden. Diese Krankheitserreger sind schwer abzutöten und noch schwerer zu heilen, wenn eine Person infiziert ist. Häufige Biodekontaminationen können Ausbrüche stoppen, aber die Geräte müssen tragbar, hocheffizient und erschwinglich sein.“ – Panu Wilska, Cleamix

Die Entstehung eines Parameters

Zu dem Zeitpunkt, als Cleamix die Zusammenarbeit mit Vaisala begann, hatten sie bereits andere Wasserstoffperoxidsensoren getestet, benötigten jedoch einen Sensor, der stabil, genau, einfach zu integrieren und in der Lage war, Messungen für alle erforderlichen Parameter bereitzustellen. „Wir brauchten ein Gerät, das einen Wert für die relative Sättigung des Gemisches aus Wasserdampf und H2O2-Dampf liefern kann, da unsere ursprünglichen Tests ein ‚trockenes Verfahren‘ der Biodekontamination nutzten, bei der sichtbare Kondensation vermieden wurde“, erklärt Wilska.

Die Ingenieur*innen von Vaisala haben einen Sensor entwickelt, mit dem die wichtigsten Parameter während der Biodekontamination gemessen und gesteuert werden können: ppm H2O2, Feuchte und Temperatur. Daraus ergab sich ein neuer Parameter: die relative Sättigung. Dieser Parameter hilft Benutzenden sicherzustellen, dass ein Prozess entweder Kondensation vermeidet (Dampfdekontamination nach Trockenverfahren) oder Kondensation einschließt (Nassprozess). Ausgestattet mit der neuen PEROXCAP®-Technologie von Vaisala in den Sonden der HPP270-Serie bieten Cleamix-Geräte bekannte H2O2-Konzentrationswerte.  Die wichtigsten Prozessparameter bei der Biodekontamination sind H2O2 ppm-Konzentration, Temperatur, relative Feuchte und Einwirkzeit.

H2O2 vapor sensor

In der pharmazeutischen Forschung, Entwicklung und Produktion ist die Biodekontamination zwischen Chargen oder Prozessen für die Produktqualität von entscheidender Bedeutung. In vielen Fällen werden dieselben Wasserstoffperoxid-Sensormessgeräte für verschiedene Produkte und Verfahren eingesetzt. Die Vaisala-Sonden der HPP270-Serie bieten wiederholbare Messungen, die sich ideal für mehrere Prozesse eignen, und lassen sich vor Ort einfach kalibrieren. Andere biowissenschaftlichen Anwendungen, die von der Biodekontamination mit Wasserstoffperoxiddampf profitieren, umfassen die Verarbeitung von pharmazeutischen Wirkstoffen, Apotheken zur Herstellung von Arzneimitteln und Vertriebszentren.

Heute sind Cleamix-Geräte als eigenständige Dampferzeuger oder als vernetzte Module für größere Flächen und Lüftungssysteme erhältlich. Zu den Kund*innen des Unternehmens zählen Biodekontaminationsdienstleister, Krankenhäuser, Militär- und Verteidigungsorganisationen, Landwirtschafts- und Tierlabors sowie Pharmahersteller.


Erfahren Sie mehr über Cleamix-Dampferzeuger unter cleamix.com.
Erfahren Sie mehr über die Lösungen von Vaisala für Messung, Überwachung und Kontrolle von verdampftem Wasserstoffperoxid.

 

On-Demand Webinar

Von der Überwachung bis hin zur Steuerung mit Sensoren für verdampftes Wasserstoffperoxid:  Warum, wie, plus Fallstudie

In diesem englischsprachigen Webinar begrüßen die Sensortechnikexpert*innen von Vaisala zwei Experten von Cleamix Oyj, um zu demonstrieren, wie die Sensoren und Messwertgeber von Vaisala zusammen mit Dampferzeugern in Anwendungen zur Biodekontamination mit verdampftem Wasserstoffperoxid integriert werden können.

Cleamix verwendet die HPP270-Sensoren von Vaisala, um die Dampferzeugung mit ihren tragbaren Dampferzeugern – den VCS-100-Geräten – zu überwachen und zu steuern. Zwei Mitarbeitende des Cleamix Vertriebspersonals erläutern die Vorteile integrierter Sensoren für die Überwachung und Steuerung. Unser Cleamix Präsentationsteam zeigt eine Fallstudie einer effektiven Biodekontamination eines Krankenzimmers.

Zwei Sensorexperten von Vaisala beschreiben kurz die Vaisala PEROXCAP® Sensortechnologie und ihre einzigartige Fähigkeit, mehrere Parameter einschließlich Wasserstoffperoxiddampf, Temperatur und Feuchte sowohl als relative Sättigung als auch als relative Feuchte zu messen.

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Wasserstoffperoxidsensor zur Biodekontamination

Ein detaillierter Blick auf die Wasserstoffperoxid-Sensortechnologie von Vaisala