Sensoren, die von den Vorgaben abweichen, heiße/kalte Stellen im Inkubator und Einhaltung von 21 CFR Part 11

viewLinc server software for continuous monitoring
Paul Daniel, Senior Regulatory Compliance Expert
Paul Daniel
Senior Regulatory Compliance Expert
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Life-Science

Nachfolgend finden Sie das bearbeitete Transkript

[00:11:01] Willkommen zu einem weiteren Vaisala Videoblog über kontinuierliche Überwachung und Mappingsysteme. Mein Name ist Janice Bennett-Livingston. Ich bin Life Science Global Marketing Managerin. Bei mir ist erneut Paul Daniel, unser Senior GxP Regulatory Expert. Legen wir gleich los. Auf uns warten heute drei interessante Fragen.

[00:11:30] Erste Frage: „Welche Überprüfungen sollten wir durchführen, wenn die Temperatursensoren während der Routineüberwachung außerhalb des Betriebsbereichs liegen?“

Paul Daniel: Es kann vorkommen, dass Sensoren von den Vorgaben abweichen.  Üblicherweise gibt es dafür einen klaren Grund: offen gelassene Türen, Stromausfälle und dergleichen. Es ist also möglich. Normalerweise enthält eine gute Spezifikation oder Richtlinie nicht nur die Gerätespezifikationen, z. B. 2 bis 8 °C für einen Kühlschrank, sondern auch den Zeit- und Temperaturbereich für akzeptable Abweichungen. Das ist der wichtige Teil – die Abweichungen. Wir könnten zum Beispiel festlegen, dass der Kühlschrank maximal 30 Minuten lang von den Vorgaben abweichen darf, solange der Wert der Überwachungstemperatursonde zwischen 0 und 15 °C liegt. Und eine Abweichung in dieser Größenordnung ist maximal alle 24 Stunden erlaubt. Also 30 Minuten, alle 24 Stunden, zwischen 0 und 15 °C für den Kühlschrank.

Aber das ist nur ein Beispiel. Dies bedeutet, dass wir keine offiziellen Maßnahmen zur Qualitätssicherung ergreifen müssen, wenn eine Out-of-Spec-Bedingung besteht, die innerhalb der Abweichungsrichtlinie liegt. Wir müssen dennoch auf die Bedingung reagieren, auf die wir vermutlich über einen Alarm von unserem Überwachungssystem aufmerksam gemacht werden. Da die Abweichung aber innerhalb zulässiger Grenzwerte liegt, sind keine Maßnahmen zur Qualitätssicherung erforderlich.

Wenn nun die Abweichungsgrenzen überschritten werden, müssen wir etwas tun, da die Grenzwerte für Temperatur und Zeit überschritten wurden. Jetzt müssen wir offiziell etwas unternehmen. Die spezifische Maßnahme, die wir ergreifen, würde erneut vom Überwachungsverfahren oder der Überwachungsrichtlinie bestimmt werden. Aber sie würde wahrscheinlich eine Abweichung oder einen Out-of-Spec-Bericht umfassen, damit wir die Auswirkungen der Abweichung auf die Qualität der in der betroffenen Kammer gelagerten Produkte bewerten können.

Es sollte auch eine regelmäßige Überprüfung der Leistung dieser Kammer durchgeführt werden.  Wenn wir aus irgendeinem Grund ungewöhnlich viele Abweichungen bei einem Gerät feststellen, müssen wir nachforschen, um die Ursache zu ermitteln. Es ist möglich, dass eine präventive Wartung erforderlich ist. Vielleicht ist ein Türriegel defekt,  oder unzureichend geschulte Mitarbeiter*innen schließen die Tür nicht richtig. Es klingt seltsam, aber das kam schon vor.

[00:13:48] Die nächste Frage befasst sich mit der Überwachung von Inkubatoren:
„Wenn wir zwei heiße oder kalte Stellen in Inkubatoren feststellen, welche davon müssen wir berücksichtigen? Müssen wir während der täglichen Routineüberwachung beide Stellen überwachen?“

Paul Daniel: Diese Frage gehört zu meinen großen Hauptärgernissen. Die tatsächliche Antwort darauf ist, dass nur eine Überwachungssonde für einen Inkubator notwendig ist. Darüber hinaus wird die Sonde weder an der heißen noch an der kalten Stelle montiert. Sie wird an die Wand montiert, auf der Seite, auf der gleichen Seite wie der Türgriff. Sie wird weit genug hinten platziert, damit die Türöffnungen keinen großen Einfluss auf die Messungen haben. An dieser Stelle wird nahezu jede Überwachungssonde montiert, in fast allen Kühlschränken, Gefrierschränken, Inkubatoren und Stabilitätskammern.

Ehrlich gesagt sehe ich selten etwas anderes als dies, weil es einfach, wiederholbar und langlebig ist und uns das vermittelt, was wir brauchen, um diese Kammern zu überwachen und festzustellen, ob katastrophale Bedingungen herrschen. Beispielsweise ein Stromausfall, eine offen gelassene Tür oder ein anderer schwerwiegender Fehler.

Bis zur Revolution der Good Distribution Practice in den letzten acht oder zehn Jahren wurde in keiner Richtlinie die Bestimmung der heißen und kalten Stellen erwähnt. In den Richtlinien wurde sicherlich nicht angegeben, einen Sensor zur Überwachung an diesen Stellen zu platzieren. Die GDP-Revolution fand statt, und unsere Aufsichtsbehörden mussten sicherstellen, dass Mitarbeiter*innen geschult wurden. Es betraf Mitarbeiter*innen in Lagerhäusern und Apotheken, die keine Schulung in Mapping und Überwachung hatten – meist Personen ohne Erfahrung in Validierungsverfahren.

Behörden mussten einfach vorgehen und diese Mitarbeiter*innen schulen, aber sie haben die Bedeutung der heißen und kalten Stellen überbewertet. Leider haben sie nicht mehr nur einfach empfohlen, diese heißen und kalten Stellen zu nutzen, um über Platzierung oder Auswahl zu informieren. Sie haben den Fehler gemacht, anzugeben, dass Überwachungssensoren an einer heißen und an der kalten Stelle platziert werden sollten. Wenn man darüber nachdenkt, kommt man zum Schluss, dass dies eigentlich albern ist. Ich sage Ihnen warum. Nehmen wir an, Sie haben einen Inkubator mit ein paar Kubikfuß, und Sie stellen fest, dass sich die heiße Stelle in der Mitte und eine kalte Stelle in der Ecke befinden. Jetzt müssen wir zwei Sonden in das Gerät einsetzen, und eine der Sonden wird genau in der Mitte des nutzbaren Raums montiert. Genau an dieser Stelle möchten alle die Laborschale platzieren. Jetzt muss diese Sonde an Ort und Stelle geschützt werden, um sicherzustellen, dass sie nicht bewegt wird. Wir müssen vielleicht einen kleinen Zaun herum errichten, um sicherzugehen, dass sie nicht beschädigt wird. Jetzt haben Sie gerade die Mitte des Raums aufgebraucht.

Das ist absurd, wenn man darüber nachdenkt. Deshalb macht das niemand. Ich habe bisher nur eine Anlage gesehen, in der zwei Sonden in jede Kammer platziert wurden, um die heißen und die kalten Stellen zu überwachen. Und sie beschwerten sich über dieselben Probleme. Warum gibt es also diese Idee, dass wir das tun sollten? Ich denke, es kommt von einem missverstandenen früheren Verfahren. Vor dem weit verbreiteten Einsatz von Computern zur Unterstützung des Temperaturmappings mussten wir Statistiken manuell mit einem Taschenrechner selbst berechnen, um die höchsten Werte in einem Ausdruck zu finden. Wenn man den Test bestanden hat, war es der einfachste Weg, um in dieser Datenmenge die maximale und die minimale Temperatur festzustellen; alles andere war entweder niedriger oder höher oder nicht so extrem. Man musste nur die maximalen und minimalen Temperaturen kennen, und das ist das gleiche wie eine heiße oder eine kalte Stelle.

Daher waren die maximalen und minimalen Temperaturen analytisch wichtig, da man mit ihnen schnell feststellen konnten, ob man den Test bestanden hat. Es ist nicht so, dass die heißen und die kalten Stellen selbst eine Rolle spielten. Sie spielen keine Rolle. Es war nur die einfachste Möglichkeit, die Daten manuell zu analysieren. Deshalb wiederhole ich das. Heiße und kalte Stellen spielen keine Rolle, wenn alle Daten den Spezifikationen und somit den Abnahmekriterien entsprechen.

Wir haben dieses Mapping, diese Validierung durchgeführt, um nachzuweisen, dass in der Kammer die korrekten Temperaturen bewahrt werden können. Wenn wir das richtig gemacht haben, können wir dieser Arbeit vertrauen. Überwachung dient dazu, Ereignisse festzustellen, die nicht von der Mappingstudie vorhergesagt werden können, z. B. offen gelassene Türen, Stromausfälle usw. Überwachung dient nicht dazu, heiße und kalte Stellen hinsichtlich kleiner Abweichungen zu überprüfen. Deshalb wenden wir das Mapping an. Um einen ziemlich langen Vortrag über eines meiner Hauptärgernisse zu beenden: Ich denke nicht, dass Sie heiße und kalte Stellen in einem Inkubator überwachen müssen. Wenn es um ein Lagerhaus geht, ist es eine gänzlich andere Frage, aber definitiv nicht in einem Inkubator.

[00:18:28] In Ordnung, vielen Dank dafür. Um Sie für diese ausführliche Antwort zu belohnen, habe ich eine weitere Hauptärgernisfrage. Diese Frage wird uns oft gestellt:

„Ist das kontinuierliche Überwachungssystem viewLinc konform mit 21 CFR Part 11?“

Paul Daniel: Jedes Mal, wenn Kund*innen eine Frage wie diese stellen, ob viewLinc mit 21 CFR Part 11, Annex 11, PIC/S oder dergleichen konform ist, sehe ich darin eine Möglichkeit zur Information. Die wahrheitsgemäßeste Antwort auf eine solche Frage lautet: viewLinc ist nicht konform mit 21 CFR Part 11 oder einer beliebig anderen Vorschrift.  Ich weiß, das klingt seltsam, aber ich erkläre es.

Diese Vorschriften, 21 CFR Part 11 der FDA und die GxP-Vorschriften der Europäischen Arzneimittel-Agentur, gelten für Unternehmen, die Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika und andere GxP-regulierte Produkte herstellen und verkaufen. Nun bei Vaisala werden Software und Geräte zur Messung entwickelt. Diese Vorschriften gelten für uns einfach nicht und damit auch nicht für unsere Produkte wie viewLinc. Die GxP-Vorschriften gelten für unsere Kund*innen; für alle, die unser viewLinc-System und unsere Sensoren zur Herstellung von Medikamenten, Medizinprodukten und anderen pharmazeutischen Produkten einsetzen.

Es ist so, als würde man Mercedes Benz fragen, ob ihre Autos den Verkehrsregeln der USA entsprechen.  Die USA haben einige nationale Sicherheitsstandards für Autohersteller, zum Beispiel Mindestbremsweg, Sicherheitsgurte, Airbags usw. Die Verkehrsregeln gelten jedoch für die Fahrer*innen der Autos, nicht für die Autohersteller wie Mercedes oder Chevrolet. Verkehrsregeln gehören zu einer anderen Reihe von Gesetzen insgesamt. Mercedes kann nun gesetzlich verpflichtet sein, ein funktionierendes Bremspedal im Fahrzeug einzubauen. Es liegt jedoch am Fahrer oder der Fahrerin, die Verkehrsregeln einzuhalten und das Bremspedal zu verwenden, um das Auto an der Ampel anzuhalten.

Manchmal verstehen Kund*innen diese Unterscheidung nicht, wenn sie fragen, ob das viewLinc-System die Vorschriften zur Herstellung von Arzneimitteln erfüllt. Ich sage einfach nicht gerne ja, unser System ist mit 21 CFR Part 11 konform, weil es nicht ganz richtig ist. Wenn ich das sage, dann behaupte ich, dass wir diese Unterscheidung zwischen der Regelung von 21 CFR Part 11 nicht wirklich verstehen.

Was ist also die tatsächliche Frage, die unsere Kund*innen stellen möchten? Ich denke, folgende Frage ist gemeint: „Wenn ich viewLinc zur Überwachung meiner Arzneimittel einsetze, werde ich dann die relevanten Vorschriften einhalten, die meine Arbeit regeln?“ Die Antwort lautet erneut, dass es darauf ankommt, wie Sie es verwenden. Ähnlich wie beim Autobeispiel muss der Fahrer oder die Fahrerin die Verkehrsregeln einhalten, indem die Bremsen, das Gaspedal und das Lenkrad konform verwendet werden.

Meine beste Antwort auf die Frage zur viewLinc-Compliance ist, dass viewLinc dafür ausgelegt ist, die Einhaltung der Vorschriften zu unterstützen.

Wenn Sie einen Teil des FDA Part 11, der europäischen Vorschriften oder der PIC/S lesen, beziehen sich 90 % dieser Vorschriften auf angemessene schriftliche Verfahren und angemessene Schulungsunterlagen, um sicherzustellen, dass Personen in Verfahren geschult werden. Behörden verlangen einen dokumentierten Nachweis, dass Verfahren eingehalten wurden. Alles dreht sich um Verfahren.

In gewissen Bereichen der Vorschriften werden einige Besonderheiten wie Audit Trails vorgegeben. Bei mehr als 90 % der Einhaltung von Vorschriften geht es jedoch eindeutig darum, wie Sie ein System verwenden, ob Sie über die entsprechenden Standardarbeitsanweisungen verfügen und ob Sie diese befolgen oder nicht.  Deshalb ist meine beste Antwort, dass viewLinc dafür ausgelegt ist, die Einhaltung der GxP-Vorschriften zu unterstützen. Ich werde nicht behaupten, dass es mit 21 CFR Part 11 konform ist. Aber ich bin gerne bereit, wiederholt zu erklären, dass viewLinc dafür ausgelegt ist, damit Sie die Einhaltung des Systems erreichen.

[00:22:40] Wir bieten ein Whitepaper zu den Funktionen der viewLinc-Software, mit denen Sie die Anforderungen von 21 CFR Part 11 und Annex 11 erfüllen können. Es ist auch ein ähnliches Whitepaper zum vLog-Mappingsystem verfügbar. Vielen Dank an alle fürs Zuschauen. Wir sehen uns wieder. Bleiben Sie gesund!

 

Comment

Jason Cook

Juli. 22, 2020
I'm interested in knowing more about the recommendation/guideline/regulation that dictates a site should have an acceptable tolerance of time and temp excursion?

Paul Daniel

Juli. 28, 2020
Hi Jason:

Here's a quick answer. All countries (to my knowledge) require temperature specifications for drug products and will expect that your drug products will be maintained within those specifications. And all countries will consider your drug products to be "adulterated" if they are not stored at those defined specification, and they will expect that adulterated product will be disposed of and not sold. This creates a condition where it is in a manufacturer's best interest include in their storage specifications a definition of an acceptable excursion (in terms of time and temperature).

Then there's the curious thing about cGMP (current Good Manufacturing Practice) in that you need to stay "current", which in practice means your quality processes are compared to those of your peers, and you are expected to keep up. So if everybody else is doing it, you are expected to do it to (or have a good reason why you don't).

So, offhand, I don't know of a specific regulation that says you need to have a well-defined excursion policy. I just have never encountered a modern drug manufacturing facility with a temperature sensitive product that didn't have a well-defined excursion policy.

I hope this helps! Feel free to contact me directly if you have more questions.

Madhusudan Panchal

Okt. 3, 2023
I want to know that a BOD Incubator used for Media Fill Incubation once in six months, is required to run contentiously or I should start it at the time of usage?

Paul Daniel

Okt. 13, 2023
Mr. Panchal –

Thank you for your question. Most people won’t know about BOD incubators, so please allow me to explain it for others who may read this blog answer.

BOD is an acronym for Biochemical Oxygen Demand. BOD testing is a typical measurement of water quality, by measuring oxygen consumption by aerobic biological organisms. BOD testing is usually done at 20C, thus the need for a controlled environment of an incubator. I will admit, I don’t have any personal experience with BOD incubators, so won’t be able to speak to the effects of powering up or powering down a BOD incubator, other than what I have read on the internet which indicates that BOD calibration should be done daily, so that would be an important part of any intermittent operation. But I can speak to the other part of the question, which is the effects on temperature stability of operating an incubator once every 6 months.

Typically, CTUs (Controlled Temperature Units like freezers, refrigerators, etc) are run continuously as they are used continuously for storage. Incubator operation (or stability chamber as well) can be continuous, but it isn’t unusual for it to be sequential, and have the units powered up when they are needed. In my experience, GxP companies use them both ways. Some leave them on all the time, and others are okay with turning them off for short periods (a few days to a week) when not being used. What is different with the question asked today about the BOD incubator, is that the period between uses is 6 months. The amount of time out of use matters with any kind of equipment.

I am tempted to make a comparison to an automobile. I am okay with not driving my car for a few days, and I have a reasonable expectation (based on experience) that my car will operate just fine after a week without use. But if I did not drive my car for 6 months, I would not expect that my car would operate normally. At the very least, the battery would need to be recharged and maybe replaced. So, some sort of maintenance and refresh would be needed for an automobile before I would expect to be able to use it reliably and safely after not being used for 6 months.

So back to the incubator. 6 months seems like a long time for an incubator (or other piece of equipment) to be out of use and still have an assumption of safe and reliable use. I would expect, at the very least, that when the incubator was powered back up after 6 months of disuse, there would be some structured and documented tests to show that the incubator was operating and performing as expected, from a temperature stability point of view. Remember, equipment like incubators is typically remapped every 3 years anyway. If using it every 6 months, you really can only expect to get 5 use cycles out of the device before it is time to remap it. Another way to say that is 20% of the times that you turn it on, you should expect to map it again, even if everything was working just fine and there were no negative effects from the period of disuse..

Leaving the equipment on will cost more energy (though not much because the target temperature is only 20C), but it will save you some work at restart. For follow up, I would speak with the manufacturer of your BOD incubator to determine what might change when the incubator is turned off for 6 months.

Your actual question was if there was a “requirement” for the incubator to be run continuously. There is not a specific requirement that an incubator needs to be run continuously. But there is a requirement that you can prove that your incubator is capable to control temperatures within the required specifications, and you introduce some risk when the equipment is powered down for 6 months. GxP regulations, in general, would require that you address this risk.

Best Regards,

Paul Daniel
Sr. GxP Regulatory Expert

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